Ich glaub ich träume

O Weh, wo sind se hin getz alle meine Jahr?
Hab ich dat geträumt getz oder is et wahr?
Ob die Erinn’rung recht hat oder ob se lüght,
Ich habe wohl geschlafen un ich weiß et nücht.
Denn ich bin erwacht getz un mir is unbekannt
Was mir einst ward begreifbar wie die eig’ne Hand.
Hier in Gelsenkirchen ward ich großgezogen.
Getz is mir’t fremd als wär et erstunken und erlogen.
Die einst mit mir gespielt ham sin abgefackt un alt.
Das Feld ist aufgewühlt getz bekloppt der ganze Wald.
Wenn nich die olle Emscher flösse wie se floß,
Fürwahr, dann wär mein Unglück ganz unerträghlich groß.
Gar mancher, den ich kannte weiß nich mehr, wie ich heiße:
Mensch, kerr, sagh do ma selbs getz, is dat nich ganz schön unschön?
Die Lust vergang’ner Tage – un getz nur dieser Dreck:
Dat war ein Schlagh ins Wasser, et hatte keinen Zweck –
Immerdar O Weh!

O Weh, wat für ne Kacke die jungen Leute tun!
Nich sehr rühmlich is ja ihr Gemüte nun.
Wat se ein‘ so fragen is „wie läuft et denn so?“
Mensch, wenn ich mich so umkuck, da is keiner froh.
Beim Tanzen und beim Singen sin se voll Sorgen gar,
Kein Schweinn hat je gesehen solch jämmerliche Schar.
Und: von wegen Mode, fang da garnich ers von an,
Denn wenn ‚e dat siehs dann krieghs ‚e ein‘ an ‚e Klatsche dran.
Dann hat mir noch mein Schwager ne Mäil aus Rom geschickt;
Seitdem bin ich benommen, betrübt, genervt, geknickt,
Davon kriegh ich Geschwüre, war’t mir gleich vorher wohl,
Da ich nun, statt zu lachen, zu heuln anfangen soll.
Sogar den wilden Vogel betrübt getz meine Klage,
Was Wunder nimmt’s, daß ich da von Herzen viel verzage.
Was sprech ich tumber Mann getz in meinem bösen Zorn
Un liegh dem ganzen Topfe mit Jammern in ‚e Ohrn:
Immerdar O Weh!


(Nach der mündlichen Rezitation des Dichters niedergeschrieben von Herrn Rudibert von Schwölz. Dichter nach Diktat verreist.)