Sie sollten sich was schämen, Sie Butenkötter, Sie

Ich dacht schon im Ruhrgebiet hätt es sich ausgedacht. Seit Jahren schon, eigentlich schon seit dem Verlust, den Wiktor Kramskis Tod für das geistige Vermögen des Ruhrgebiets bedeutete, hatte kein Philosoph etwas nennenswertes zu den großen Fragen nach dem Leben, dem Universum und überhaupt beizusteuern. Die Trostlosigkeit der Lage wurde erst kürzlich wieder durch Hrn. Balthasar Grünspans seichten „Seufzer“ illustriert. Dass in diese geistige Flaute ausgerechnet von einer Kunsthandwerkerin frischer Wind gebracht werden sollte, überraschte nicht nur das poettische Establishment.
Wohl kaum jemand hat die Schwammigkeit der zeitgenössischen Philosophie so auf den Punkt gebracht wie Diplom-Klöpplerin Ulla Hehrchenrath-Breitkreutz aus Dortmund-Kruckel. Doch begnügt sie sich nicht mit einer nur negativen Abwertung dessen, was ja nun auch wirklich nicht viel wert ist, sondern sie hebt sowohl die überkommene These, als auch die zwar angemessene, aber dennoch im Grunde nur rein reaktive Anti-These, in einer neuen, erschütternden Syn-These auf. Die grandiose Idee, bahnbrechende philosophische Erkenntnisse in hochgradig konzentrierter Form auf Haushaltsgegenstände zu sticken und auf diese Weise die dergestalt künstlich der menschlichen Be-findlichkeit ent-fremdete Theorie (gr. theorein: «beobachten», «betrachten», «[an]schauen») mit der dem in seinem mysteriösen Geworfen-Sein zur Tätigkeit verdammten Menschen not-wendigen Praxis (gr. prâxis, prâgma «Tat», «Verrichtung») im schöpferischen Akt neu zu ver-knüpfen, ist atemberaubend.
Eine zu großartige Wende offensichtlich für die eng beschränkte geistige Kapazität einiger selbsternannter Koriphäen der hiesigen intellektuellen Szene. Joseph Butenkötters verletzender Einwurf, die nachdenkliche Kunsthandwerkerin habe eigentlich „Die Gedanken sind Breitkreutz‘ ihre Sache nicht“ gestickt gehabt, die zweite Hälfte sei jedoch abgerissen, wäre lediglich lächerlich, drückte sich darin nicht die erbärmlich chauvenistische Grundhaltung der den Förderverein der poettischen Kultur kontrollierenden Männerclique exemplarisch aus.